Haushalt 2022 – unsere Sicht: Haushaltsrede v. 11.02.2022

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

für die FDP-Fraktion möchte ich zum Haushalt 2022 nicht übermäßig viele Ausführungen im Detail beitragen, sondern an ausgewählten Beispielen eine gesamtpolitische Einschätzung vornehmen, aber das Notwendige nicht aussparen und umfangreich darstellen.

Dieser Haushalt ist nicht vorrangig durch einen Kämmerer gestaltet worden, sondern die Entwurfsvorlage des Magistrates ist durch eine kooperative und großzügig Steuergeld beantragenden Verwaltungsbereich und zusätzlich ähnlich locker verteilenden Finanzausschuss verändert und abgestimmt worden. Manches, was lange versprochen und nie eingelöst wurde, wurde vom Kopf auf die Füße gestellt und unter Zähneknirschen einfach eingestellt und beschlossen. Dafür ist der Haushalt im Ergebnis noch nicht einmal so schlecht ausgefallen – nur erheblich zu teuer! Dafür waren die Finanzausschusssitzungen kurzweilig und wegen des allgemeinen „Füllhorns“ wenig problembehaftet. Nur durchhalten kann eine Stadtverordnetenversammlung diesen Umfang der Kreditfinanzierung nicht. So werden in den kommenden Haushalten kaum noch Wünsche erfüllt werden können und vertagte Projekte möglich sein.

Unser Dank geht in erster Linie an die Verwaltung für den Fleiß bei der Haushaltaufstellung und den Beratungen. Stellvertretend sei Manuel Gömmer genannt, der immer aktuell die beschlossenen Änderungen einarbeitete und Fragen sofort oder zeitnah beantworten konnte.

Viele Haushaltspositionen sind unabweisbar und müssen eingestellt werden, damit Verwaltung ganz einfach weiterlaufen kann. Viele Perspektiven für die Zukunft werden weiter ins Ungewisse verschoben und die überfällige Konzeptentwicklung stockt. An vielen Stellen wurde das Sparpotential durch Streichungen gefunden, an anderen Stellen sollte nicht so genau hingesehen werden. Viele Blitzgeräte, oberflächliche Fahrbahnmarkierungen und Tempo-30-Zonen reichen da nicht aus um Büdingen im Sinne des scheidenden Bürgermeisters zum „Aufblühen“ zu bringen.

Organisationsgutachten von Rödl und Partner – Anmerkung Teil 1:

Angesichts der Haushaltslage hat die Stadt Büdingen kein Geld zu verschenken; die damals 2017 aufgezeigten Ergebnisverbesserungspotenziale von immerhin >€ 140.000/Jahr sollten zügig realisiert werden. Das Thema wurde schön geredet und angeblich bei der Haushaltsaufstellung berücksichtigt. Wo und wie wurde uns Stadtverordneten zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt.

Bis heute wurde der Stadtverordnetenversammlung kein Plan vorgelegt, mit welchen Maßnahmen der Bürgermeister das zusammen mit dem Magistrat bis wann realisieren will.

Es ist das alte Problem: Fehlende Informationen und es wird kein Zeitrahmen genannt, der bei Transparenz gegenüber dem Bürger notwendig wäre.

Einen hohen finanziellen Anteil wird in den Haushalten der Folgejahre eine Landesgartenschau verschlingen, die gut gemeint „mit Sprechblasen verkauft“ aber bis heute ungenügend vorbereitet worden ist. Seit der Finanzausschusssitzung am letzten Montag wurde das den Letzten von uns klar. Weichenstellungen in die Vorbereitung hat unsere „flüchtige“ hauptamtliche Stadträtin bis heute in Büdingen vergessen oder verschleppt, obwohl ihr Wissen und ihre Informationen als Vorsitzende des Vereins Oberhessen eigentlich klaren Überblick bei der Vorbereitung erfordert hätte. Dafür wurde sie in Büdingen in einer hohen Besoldungsgruppe bezahlt.

Wo umverteilen oder Schwerpunkte verschieben?

Nehmen wir zum Beispiel den Bereich „Kindergärten und Betreuung“ oder die „Jugendarbeit“. Hier haben wir einige „teure Teilbereiche“ und es sind Verpflichtungen von Land und Bund etc. zu erfüllen. Streichungen sind hier entweder nicht denkbar oder oft ganz einfach nicht möglich. Zudem strickt das Land Hessen Zuschussprogramme, die wegen des Zuschnitts für größere Flächenkommunen wir Büdingen nicht ausreichend passgenau ausfallen, so dass auch hier Stellenanteile auf Kosten unserer Bürger zugezahlt werden müssen. Danke an alte und neue schwarz-grüne Landesregierung.

Die FDP-Fraktion hält fest, dass die vielen unerledigten Aufgaben, ehemalige Projekte und Initiativen dem scheidenden Bürgermeister nicht mehr im Gedächtnis zu sein scheinen und sich vielleicht deshalb nicht ausreichend im Haushalt niederschlagen. Vielleicht hat auch der Magistrat alles im Entwurf vorher gestrichen und auf vorsichtige Weiterplanung reduziert. Der Verwaltungschef selbst kann da nach eigener Einschätzung schwerlich Verantwortung unterstellt bekommen.

Da ist zunächst der Friedhofsparkplatz in der Kernstadt, dessen Umsetzung und Gestaltung er selbst schon als Bürgermeister vor Jahrzehnten bereits mit der damaligen FWG/FDP-Fraktion gefordert hatte. Die Umsetzung – zunächst nur die Planung – ist in der Zwischenzeit jetzt immerhin im Haushalt aufgenommen.

Es gibt weiter die Ideen in SPD-Verbindung mit einem „FWG-Kinderspielplatz“ auf der alten Parkplatzfläche, vor dem der Bürgermeister selbst seinerzeit im Ausschuss – weil in direkter Friedhofsnähe wegen zu vermutender Beeinträchtigung von Beerdigungen – gewarnt hat. Aus unserer Sicht hat der Verwaltungschef, der vorher mit dem Magistrat andere Flächen für den Kinderspielplatz beplant oder hat kaufen lassen, in dieser Frage durchaus Recht. Nur hört seine Fraktion nicht immer auf ihn. Im Rahmen eines Kompromisses  – wird es also auf eine Kombinationslösung hinauslaufen, die bisher weder ordentlich geplant noch auf einer Zeitleiste dargestellt ist. Was mit den anderen Flächen – vor Allem dem gekauften Biotop am Ende der Sudetenstraße – passieren soll und ob hier für den teuren Kaufpreis wirklich eine adäquate Nutzung wird möglich sein, bleibt abzuwarten.

Ferner fehlen für die Zukunftshaushalte ausreichende Mittel für den neuen Friedhofsparkplatz – für uns ein weiterer Ablehnungsgrund für den Haushalt wegen fehlender Weitsicht und „Stückwerk“.

Fazit: Schon Frau Preißer hatte 2017 für die FDP die vielen Restmittel wegen nicht umgesetzter Projekte kritisiert. Weiter Aussitzen ist einfacher und erfordert keine Finanzmittel – auch in einer Zeit, wo die Steuermittel bei der Stadt eingehen, wie viele Jahre zuvor nicht. Was dann passiert, wenn hier der Trend sich umkehrt und weniger Geld zur Verfügung steht? Das steht nach dem „Füllhorn“ in diesem Haushalt vor unserer Tür.

Viele wichtige Schwerpunkte, die auch für die FDP unabdingbar sind, sind wenigstens teilweise in viel zu kleiner Dosierung in das Haushaltswerk eingeflossen. Hochwasserschutz hat für uns weiter hohe Priorität. Der grundsätzliche Ansatz im Haushalt ist gut, nur gibt es bezüglich eines umsetzbaren Gesamtkonzeptes noch immer keine Zeitschiene! Und das nach einer schrecklichen Hochwasserkatastrophe im Januar 2021. Auf dieses Trauerspiel möchte ich hier nicht weiter eingehen.

Wer die politische Verantwortung dafür hat, das hat der Betreffende selbst verkündet.

Vielen durchaus wichtigen Schwerpunkten wurde im Haushalt ganz pragmatisch Rechnung getragen. Es wurde an einigen Stellen sogar etwas Perspektive aufgezeigt und die Entwicklung läuft weiter. Oft nicht nach ganz durchdachtem Plan.

Trotzdem – reine Verweigerung war hier keine Alternative für uns. Deshalb haben wir die Haushaltsberatungen konstruktiv aber kritisch begleitet. Auch einige unserer Anträge wurden aufgenommen. Ich nenne neben der Planung des Friedhofsparkplatzes Kernstadt die finanzielle Begleitung der Turnhalle in Düdelsheim, die dort als Bürgerhausersatz dient.

Der Investitionshaushalt weist ein angemessenes Investitionsvolumen auf. Dass nicht alles umgesetzt werden wird, weil die Planung nicht nachkommt, das kennen wir Alle.

Da wo wir als FDP in der Vergangenheit z. B. zur Stadtbücherei Anträge zum Haushalt gestellt haben – weil Handlungsbedarf besteht – bleibt die Stellenstreichung erfolgreich bestehen oder die Stelle wird einfach nicht besetzt. Die Mehrheit hat hier früher Versprochenes einfach mal ausgesessen.

Fazit: Schon seit 2017 versprochen und einfach mal wieder nicht gehalten! Schlimmer noch: eine kundenfreundliche Lösung wurde zurückgeschnitten und Initiative vom Personal nicht wertschätzend behandelt.

Wir werden als FDP vermutlich in naher Zukunft erneut unter der neuen Leitung von Benjamin Harris über Anträge Initiativen zum Organisationsgutachten ergreifen müssen, wenn wir in Kürze bei weiter fehlender Konzeptweiterentwicklung nach meinen hier erwähnten Hinweisen immer noch starken Handlungsbedarf erkennen. Nachgefragt haben wir hier bereits an einigen Stellen. Teil 1 hatte ich erwähnt.

Es bleibt übrigens im scheinbar ausgeglichenen Haushalt weiter ein unauffälliges finanzielles Loch großen Ausmaßes. Missmanagement der Vergangenheit in Zusammenhang mit vielen Projekten der baulichen Weiterentwicklung und bei eigentlich allen laufenden Projekten (Beispiel Räume für die  Jugendarbeit) möchte ich hier nicht neu aufwärmen.

Wir werden trotz der FWG-Wahlkampfversprechen auch mittelfristig keine nennenswerten eigenen Fahrradwegstrecken umsetzen oder gar Trassenteilstücke kaufen. Gut ist, dass es diesbezüglich wegen der Landesförderung wohl beim Herrnhaag weitergehen soll. Der Fahrradweg parallel zur Berliner Straße ist dazu kein gutes Gegenbeispiel – es sei denn für die ausfallende Faschingskampagne.

Wir haben uns bei unseren Fraktionsberatungen – wie dargestellt – einen intensiven Überblick über den Haushalt verschafft. Wir werden im Ergebnis diesmal dem Gesamtwerk nicht zustimmen.

Wir schlucken kleinere und größere Kröten und ausufernde Kreditfinanzierung nicht einfach mal wieder mit. Besonders nicht, weil die vom Land begleitete Entschuldung aus unserer Sicht nicht der Startschuss für eine großzügige Neuverschuldung sein darf.

Wir wollen für unsere finanziell schwache Stadt und deren Bürgerschaft nicht noch einen kleinen Teil Verantwortung für viele von uns nicht gewünschte Entwicklungen und Sprechblasen mit übernehmen, zumal unsere Initiativen – wie dargestellt – nicht ausreichend abgebildet sind.  

Auch schultern wir nicht „ein einmalig großzügiges Füllhorn“ mit Ausgaben an manchmal falschen Stellen“ mit, denn viele frühere Projekte und Versprechen wurden durch dem Bürgermeister und den Magistrat zurückgefahren oder eingestellt. Sie haben sich aber nicht „in Luft aufgelöst“, sondern kommen zum Teil wieder. Viele freiwillige Leistungen gibt es schon lange nicht mehr.

Der Haushalt betont zudem die Dominanz der Kernstadt gegenüber den Stadtteilen. Hier fehlt etwas mehr Ausgewogenheit.

Wir bleiben dabei: Auch die Stadtteile haben mehr Anspruch auf etwas teurere Projekte und vordere Plätze bei der Priorisierung.

Mir reichen diese wenigen Beispiele. Es geht also um Verantwortung für alle unsere Einwohner und deren Wohl vor Ort. Die Stadt nimmt ihre Ausgleichsaufgabe aus unserer Sicht am besten wahr, wenn sie die Ortsteile etwas mehr beachtet und stärkt. Hier setzen wir auf den designierten Bürgermeister.

Sein CDU Fraktionsvorsitzender hat zum Haushalt im zuständigen Ausschuss sinngemäß folgendermaßen abschließend geurteilt: „Wenn die Verwaltung und der Magistrat 1,5 Millionen Mehrausgaben gegenüber der Vorlage einbaut, dann können wir als Stadtverordnete auch noch 1,4 Millionen dazulegen“. Er ist ja in der Finanzverwaltung und weiß wie „Füllhorn“ geht. Wir sind gespannt, wie die CDU in den Folgejahren haushaltet.

Weil Fasching ausfällt noch ein kleiner humoristischer Ausblick mit durchaus Realitätsbezug:

Bei den Straßen und deren Zustand in Büdingen werden wir unter dem neuen Bürgermeister auch praktisch sehen, wie „Rednitzhembach“ geht. In Düdelsheim weiß man das bereits – auch Robert Preußer mußte das in Düdelsheim schon lernen.

Hier nun Teil 2 der Hinweise zum Organisationsgutachten. Dies ging den Fraktionen zu, wurde aufwändig vorgestellt und bestenfalls nur im Ansatz umgesetzt.

Kurzes Zitat aus diesem Gutachten zur Einführung:

„Bei den Empfehlungen zeigt der Bericht Defizite bei der Aktenführung auf, die teilweise gesetzlichen Anforderungen (S 9, Zeile 16) nicht entsprechen.“

Wurde dies schnellstens korrigiert? Klarheit hat die Stadtverordnetenversammlung hierzu nicht. Die Fragen bleiben offen – klare Antworten fehlen. Akteneinsicht zeigte: das traf und trifft immer noch zu.

Erschreckend klar zeigt der Bericht ferner bestehende Defizite insbesondere im Bereich Personalplanung, Personalbedarfsmessung und Personalentwicklung auf, wo die Vorgehensweise der Stadt Büdingen als nicht sachgerecht bezeichnet wird. Die dazu gemachten Vorschläge des Prüfers machen auf uns einen logischen Eindruck und sollten ebenfalls angegangen und umgesetzt werden.

Das betrifft besonders den im Gutachten benannten Bereich des Wissensmanagements. Konkretes Beispiel: Hier geht immer wieder viel Sachverstand in Rente. Beispiel Bauamt: Herr Marth und in Kürze Frau Wiegand. Was fehlt ist die vorsorgliche Einarbeitung neuer Mitarbeiter – also die Bewahrung des Fachwissens.

Hier fordern wir über den Magistrat die Verwaltung weiter auf, einen „Masterplan“ zu erstellen, in dem aufgezeigt wird, mit welchen konkreten Maßnahmen die bestehenden Defizite bis wann beseitigt werden sollen.

Zwischenbilanz: Transparenz fehlt auch hier!

Stellenpläne sollten aber auf der Grundlage einer klar geregelten Aufgabenverteilung – und zwar einschließlich von Vertretungsregelungen – besetzt sein und erweitert werden.

Also unter Verwendung menschlicher Vernunft und klarer Organisationsvorgaben.

Ich wiederhole: Der Prozess der Verwaltungsoptimierung auf der Basis der Organisationsuntersuchung begonnen wurde, ist nicht beendet, jedoch wurden weitere feste Stellen geschaffen oder von Fraktionen beantragt.

Zuletzt ein richtiger Jurist – also ein Volljurist mit abgeschlossener Ausbildung. Und im Jugend- und Sozialbereich werden ständig Stellen ausgeweitet, ohne dass ein Gesamtkonzept erstellt ist.

Und das auf dem Hintergrund der Tatsache, dass wir damals als FWG/FDP den Bürgermeister auch mit dem Ansatz unterstützt haben, die Verwaltung effizienter zu gestalten und darüber ein Aufblähen des Stellenplans zu begrenzen. Das wollte er als Person leisten. Konnte er aus unserer Sicht aber bis heute nicht zeigen. Jetzt werden wir ihn verabschieden, ohne dass er Wesentliche seiner Ziele umgesetzt hat.

Wir sind mit dieser Einschätzung nicht allein. Es geht um den zeitnahen Einblick in die laufende Verwaltung. Berichtet wird hier meistens zu spät oder gar nicht in den Ausschüssen oder der Stadtverordnetenversammlung.

Wir Mandatsträger erfahren Wichtiges aus der Zeitung. Im Baubereich erfüllen wir ja die Anforderungen auf Einbezug der Stadtverordnetenversammlung schon seit Jahrzehnten nicht.

Ich fasse zusammen: Wir werden der Haushaltssatzung, dem Haushaltsplan 2022 und dem Investitionsprogramm nicht zustimmen. Beim Stellenplan können wir uns schon gar nicht wiederfinden. Hier sind immense Folgekosten für die Zukunft enthalten, ohne dass ausreichend die angefangene Organisationsentwicklung in transparente Aufgabenverteilungsübersichten oder gar Eigeninitiative gemündet hätte.

Wolfgang Patzak

Fraktionsvorsitzender